Es wäre nicht das erste Mal, platzte einem Vorstand der Kragen, wenn die Heimmannschaft beim eigenen Turnier nicht die Runde der besten Vier erreicht. Westfalia Huckarde ereilte dieses Schicksal zwar beim 100-Jahr-Cup, aber der Klub blieb gnädig. Der Sportliche Leiter Tim Babosek gibt ein paar Wochen später unter dem Eindruck eines zum Teil vogelwilden 6:5 gegen den Namensvetter aus Wickede sogar zu Protokoll: „Wir haben weiterhin großes Vertrauen in die Jungs."
Und doch muss die Westfalia, da fünf A-Junioren dauerhaft aufrücken, Spagat finden zwischen Verpflichtung und Welpenschutz: „Wir haben ja gesehen, wie schnell es gehen kann, dass aus einer stark begonnenen Saison eine schlechte hätte werden können, hätten wir am Ende nicht wieder die Kurve kriegt", fasst der Sportliche Leiter die Vorsaison im schmucken neuen Vereinsheim zusammen. Der Verein mit seiner bekannten und fruchtbaren Jugendarbeit wächst. Wachsen daher auch die Ansprüche? In dem Rahmen, dass jeder eine Entwicklung nehmen soll, schon. Ja, Jungs wie Pascal Schraer, Filip Vidovic, Enrico Mertens, Luca Klecz und Jannik König sind weiterhin der Stolz des Vereins. „Jetzt aber müssen sie um ihren Stammplatz kämpfen wie alle anderen. Natürlich geben wir ihnen Zeit. Aber da wir jetzt nicht mehr um die goldene Ananas spielen, müssen sie liefern, sonst spielen sie erst einmal nicht." So lässt sich der gerade erwähnte Spagat gut beschreiben.
Zwei Neue, glaubt Babosek, schaffen den Sprung auch ohne die nötige Geduld. ,,Onur Topcuoglu vorne und Frank Ghislain Ketcha Fouelifack hinten sind genau die Mentalitätsspieler, die wir neben den vielen Talenten brauchen." Bekannt war die Westfalia in der Vorsaison für ihre vielleicht sogar manchmal zu gute Stimmung. „Uns reicht auch eine nur gute Stimmung. Die ist wichtig für gemeinsame Erfolge. Auch in dieser Hinsicht vertrauen wir unseren Jungs." Aber Babosek gibt ihnen auf den Weg: „Wir sind in einer neuen Liga. Wir kennen viele Gegner nicht, sie uns aber auch nicht. Gegnerunabhängig bin ich mir auch bei diesen Teams sicher: Wir können jeden schlagen, aber auch gegen jeden verlieren." Daher heißt es auch: Die Westfalia solle neben Spaß auch die Spannung hochhalten. Denn prinzipiell möchte die Sportliche Leitung am Weg festhalten: „Wir sind als Verein so aufgestellt, dass wir, wenn ein Sponsor wegbricht, andere da sind, aber im Kader auch so, dass andere gerne bleiben, wenn es jemanden Gutes mal wegzieht."
Babosek, der redegewandte Jurist, gibt sein Gerichts-Pokerface auf und lacht. Ich müsste jetzt auch sagen: „Einer für alle, alle für einen. Das trifft es. Wir helfen uns auch gegenseitig privat." Der Anlass des Lachers wäre ein ernster, wenn er nicht folgen ließe: „Wer wie wir heute gegen Wickede eine schlechte Generalprobe hinlegen, muss der Start gut werden." Und jetzt, da der Sportliche Leiter den Huckarder Witz aufblitzen lässt, ist auch der floskelhafte Einstieg vom Team, das beim eigenen Turnier unter die besten Vier kommen muss, nicht mehr die Rede. Alexander Nähle