Blickpunkt Castrop-Rauxel - Nachrichten aus Handwerk, Handel und Gewerbe Anzeige

Gemeinsam mutig leben: Die Welt-Alzheimerwoche in Castrop-Rauxel geht zu Ende

Angelika van Riel moderiert eine Alzheimer-Selbsthilfegruppe - hier finden Angehörige von Erkrankten ein offenes Ohr.

Die Diagnose Demenz stellt das ganze Leben auf den Kopf - auch das der Angehörigen. FOTO ADOBE STOCK

Mit einem Abschlussgottesdienst und einem Rückblick gehen heute die Veranstaltungen der Welt-Alzheimerwoche zu Ende, die am vergangenen Samstag mit einem Markt der Möglichkeiten begonnen hatte. Die Woche stand ganz im Zeichen einer Erkrankung, von der in Deutschland schätzungsweise 1,8 Millionen Menschen betroffen sind.

Die Zahl lässt aufhorchen. Sie basiert auf Schätzungen der Deutschen Alzheimergesellschaft. Mit der zunehmenden Alterung der Gesellschaft werden die Zahlen voraussichtlich weiter steigen. Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Demenzerkrankungen bis zum Jahr 2050 auf etwa 2,8 bis 3 Millionen anwachsen könnte. Was in diesen Zahlen nicht enthalten ist, ist die Zahl der betroffenen Angehörigen. Die Ehefrauen, Ehemänner, Kinder. „Diese Kinder“, gibt Angelika van Riel zu bedenken, „sind oft selbst schon im fortgeschrittenen Alter.“

„Man hört zu, man urteilt nicht, man gibt einander Kraft.“

Angelika van Riel ist Leiterin der Alzheimer-Selbsthilfegruppe Castrop-Rauxel, die als eine Angehörigengruppe eben dieser statistisch nur unzulänglich erfassten Gruppe eine Möglichkeit bietet, sich auszutauschen oder zu informieren. Angelika van Riel betrachtet sich als Moderatorin. „Jeder Angehörige kann jedes Thema einbringen.“ Wenn es um Fragen bezüglich Hilfsangeboten, Tagespflege und mehr geht, dann schaut Angelika van Riel, wer helfen kann.

Angelika van Riel FOTO C. LUKAS
Angelika van Riel FOTO C. LUKAS

„Wir haben in Castrop-Rauxel das große Glück, dass mit dem Beratungs- und Infocenter Pflege (BIP) eine Einrichtung existiert, die all diese Fragen kompetent beantworten kann, die mit allen Hilfseinrichtungen vernetzt ist und die Thematik immer wieder in die Öffentlichkeit trägt, wie mit der Welt-Alzheimerwoche.“ Es verwundert daher nicht, dass viele Angehörige die Gruppe als eine Gesprächsrunde nutzen, in der sie mit Menschen reden können, die in der gleichen Situation leben wie sie. Die Diagnose Demenz (Alzheimer ist die bekannteste Form der Erkrankung) ist für die Betroffenen mehr als ein Einschnitt. „Trotz intensiver Forschung gibt es bis heute keine Heilung für Demenz, was die Krankheit für Betroffene, aber auch deren Angehörige besonders belastend macht.“ Neben dem schrittweisen Verlust der geistigen Fähigkeiten sind auch Veränderungen in der Persönlichkeit und im Verhalten typische Anzeichen der Erkrankung. Frühzeitige Diagnose- und eine gute Betreuung können jedoch dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen. Angelika van Riel ist es wichtig, auf diesen Punkt hinzuweisen, denn so unwirklich diese Feststellung auch erscheinen mag, aber: Das Leben geht weiter.

Humor im Alltag

Gemeinsam mutig leben, so lautet dann auch das Motto, das die ehemalige Leiterin einer Kindertagesstätte in ihrer Gruppe als Moderatorin ausgibt. Sie hat ihre Mutter unterstützt, als diese an Demenz erkrankte. In ihrem Fall haben ihrer Mutter und ihr bestimmte Rituale geholfen, mit der Situation umzugehen. Zum Beispiel sind die beiden sehr viel miteinander spazieren gegangen. „Und wir haben den Humor nie zu kurz kommen lassen.“ Das klingt für Außenstehende vielleicht irritierend, aber ihrer Mutter hat es sehr geholfen. „Bei meiner Mutter war die Erkrankung ein stetig fortschreitender Prozess.“ Und irgendwann war dieser so weit fortgeschritten, dass Angelika van Riel ihr nicht mehr helfen konnte. Das letzte halbe Jahr ihres Lebens hat sie in einem Heim verbracht.

Und irgendwann war dieser so weit fortgeschritten, dass Angelika van Riel ihr nicht mehr helfen konnte. Das letzte halbe Jahr ihres Lebens hat sie in einem Heim verbracht.

Dort konnte die Mutter rund um die Uhr betreut werden: Und Betreuung ist im fortgeschrittenen Stadium der Demenz, mit zunehmendem körperlichen und geistigen Verfall, besonders wichtig. Vater, Mutter oder einen geliebten Ehepartner einem Heim zu übergeben, diese Entscheidung zerreißt viele Menschen förmlich.

Die einen kommen, wenn sie den Schritt vollzogen ha-ben, wieder zur Ruhe und werden durch die anstrengende Pflege nicht mehr dauerhaft selbst überlastet. Für andere steht fest, dass sie die Pflege niemals dauerhaft abgeben würden. „Auch darüber sprechen wir in unserer Gruppe.“ Man hört zu, man urteilt nicht, man gibt einander Kraft.

Termine und Informationen

Die Castrop-Rauxeler Gruppe, die Angelika van Riel seit fünf Jahren moderiert, ist an die Gesundheitsselbsthilfe Recklinghausen, die Pflegeselbsthilfe NRW und das Deutsche Pflege- und Betreuungsnetzwerk angeschlossen. Das nächste Treffen findet am Montag, 28. Oktober, um 19 Uhr im Bürgerhaus, Leonhardstraße 6, statt.

Der eingangs erwähnt Abschlussgottesdienst öffnet seine Pforten übrigens um 16 Uhr in der Lutherkirche.

Weitere Infos über die Alzheimer Selbsthilfegruppe für Angehörige gibt es im Internet unter alzheimer-cas.de

Christian Lukas