Trägt Ihr Rasen blauviolette Blüten? Dann wächst bei Ihnen die Blume des Jahres 2023. Es ist die Kleine Braunelle (Prunella vulgaris).
Dicht gedrängt formen die kleinen Lippenblüten eine Blütenkerze am Ende des vierkantigen Stängels, oft nur ein Dutzend Zentimeter über dem Boden. Ein Bild, das Kristin Ludewig von der Loki Schmidt Stiftung freut. Denn die Kleine Braunelle - auch Brunelle, Gewöhnliche oder Gemeine Braunelle genannt - versorgt zahlreiche Insekten mit Nektar und Pollen. Und das von Juni bis Oktober.
„Insbesondere Hummeln und Wildbienen wie die Stahlblaue Mauerbiene sowie mindestens 18 Schmetterlingsarten, darunter der gefährdete Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, finden hier Nahrung“, sagt Kristin Ludewig.
Die Loki Schmidt Stiftung hat mit der Kleinen Braunelle als Blume des Jahres eine ungewöhnliche Wahl getroffen. Denn gefährdet ist sie nicht. Laut Ludewig ist die Kleine Braunelle sogar weit verbreitet - auch, weil sie in Sachen Standort „relativ hart im Nehmen“ ist.
An Wegrändern und in Wäldern ist die Wildpflanze ebenso zu finden wie in Gärten und auf Wiesen. „Sie überlebt ähnlich wie das Gänseblümchen in gemähtem Rasen und toleriert auch den Fraß und Tritt durch Vieh auf Weiden.“
Dennoch seien die Bestände in mehreren Regionen Deutschlands in den vergangenen Jahren zurückgegangen, so Ludewig. „Es ist ein Alarmsignal, wenn selbst robuste, einst häufig vorkommende Arten langsam schwinden, denn damit drohen auch Insekten, Amphibien und Vögel ihre Lebensgrundlage zu verlieren“, sagt die Expertin. „Diesen langsam voranschreitenden Verlust der Artenvielfalt müssen wir unbedingt aufhalten.“
Im Fall der Kleinen Braunelle ist es einfach, etwas zu ihrem Erhalt beizutragen:
> Den Rasen seltener mähen, damit die Pflanzen genug Zeit zum Wachsen, Blühen und Vermehren haben.
> Auf Düngemittel und Herbizide verzichten.
Sogar etwas für den Balkonkasten
Gibt es noch keine Braunelle im Garten, lässt sie sich einfach ansiedeln. Und nicht nur da: Der insektenfreundliche Lippenblütler wächst auch in Töpfen und Kästen auf dem Balkon, auf der Terrasse und sogar auf der Fensterbank. Nina Keller vom Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten empfiehlt für diese Kultur flache Schalen und Blumenkästen. „Das Gefäß muss nicht tief sein, aber genug Platz bieten, damit sich die Kleine Braunelle breitmachen kann“, rät die Gärtnerin.
An den Standort stellt die Blume des Jahres 2023 keine besonderen Ansprüche, selbst mit Schatten kommt sie zurecht. „Der Boden kann lehmig bis sandig sein“, so Keller. Und auch wenn es die Kleine Braunelle eher feuchter mag, kommt sie mit trockenen Bedingungen zurecht.“ Um Staunässe im Kübel zu vermeiden, empfiehlt sie eine gute Drainage und ein Substrat, das mit Sand, Lava oder Blähton gemischt ist.
Vorgezogene Pflanzen gibt es in spezialisierten Gärtnereien oder als Ableger aus Nachbars Garten. Wer selbst aussäen will, streut die licht keimenden Samen im Herbst oder zeitigen Frühjahr flach auf offenen Boden und drückt sie oberflächlich an.
Nach Angaben der Loki Schmidt Stiftung keimen die Samen erst, nachdem sie über mehrere Wochen einem Kältereiz von etwa sechs Grad ausgesetzt waren. Daher sei die beste Zeit zur Aussaat Februar bis März. dpa