Im Klimawandel zählt jede Fläche, die Pflanzen und Tieren einen Lebensraum bietet. Die gute Nachricht: Auch Gebäude können ein Biotop sein - genauer gesagt, bepflanzte Dächer von Wohngebäuden, Gartenhütten, Garagen, Carports und Mülltonnenboxen. Und sogar das Dach eines Vogelhäuschens lässt sich begrünen.
Wer Dächer begrünt, schafft sogenannte Trittsteinbiotope. In Ortschaften sind viele und oft auch große Flächen versiegelt.
Viele Tiere, darunter insbesondere Insekten, können aber keine weiten Entfernungen auf sich nehmen, um von einer größeren grünen Fläche zur nächsten zu gelangen. Begrünte Dächer funktionieren dann wie Trittsteine, die die Abstände verkürzen.
Und es gibt noch mehr Gründe für grüne Dächer. „Mit einer Dachbegrünung kommt nicht nur natürliche Abwechslung in die Innenstädte, sondern sie wirkt dem Aufheizen des Klimas in den Sommermonaten entgegen“, erklärt Annika Dobbers, Referentin des Projekts „Mehr Grün am Haus“ der Verbraucherzentrale NRW.
Während ein übliches Garagendach bei sonnigem Sommerwetter gut 80 Grad Celsius heiß werden kann, sind es mit Begrünung 30 Grad. Mit der niedrigeren Temperatur verringert sich die Gefahr von Hitzeschäden an der Dachkonstruktion und das Klima innerhalb und außerhalb des Gebäudes verbessert sich. Zudem kühlt nachts die Umgebungsluft schneller ab. „Gleichzeitig ist eine Dachbegrünung stets ein Feinstaubfilter und ein guter Speicher für Regenwasser“, sagt Dobbers. Letztere brauchen wir insbesondere bei Dauer- und Starkregen, um die Belastung der Kanäle und Überflutungen zu verhindern.
Noch ein Vorteil: Die Pflanzen tragen laut Bundesverband GebäudeGrün dazu bei, Alltagslärm innerhalb und außerhalb des Gebäudes zu reduzieren.
Bei der Dachbegrünung gibt es zwei Formen: die extensive und die intensive Variante. Die intensive Dachbegrünung erreicht eine Höhe zwischen 25 und 100 Zentimetern. Sträucher und Bäume finden hier Raum für ihre Wurzeln, es ist also eine Art Dachgarten, der einen höheren Aufbau erfordert und auch mehr Aufwand bedeutet. Verbreiteter ist die extensive Begrünung.
Der Dachaufbau der extensiven Begrünung ist nur zwischen acht und 15 Zentimeter hoch - damit lassen sich also auch das Dach eines Fahrradunterstands, einer Mülltonnenbox, eines Briefkastens und eines Vogelhauses bepflanzen - etwa mit Sukkulenten.
Dafür wird erst eine Abdichtung ähnlich einer Teichfolie auf das Dach gelegt. Sie verhindert, dass Wurzeln in die Konstruktion wachsen und so zu Undichtigkeiten führen“, sagt Annika Dobbers. Darüber kommen dann eine Schutzlage, eine Drainageschicht und ein Filtervlies. Das Substrat und schließlich die Pflanzen bilden den Abschluss. Ein Substrat für extensive Begrünungen besteht aus Blähschiefer, Blähton und Bims, so Dobbers.
Damit überschüssiges Regenwasser ablaufen kann, rät der Bundesverband GebäudeGrün zu einer ausreichend tiefen Drainageschicht und zusätzlich genügend Dachabläufen.
Was wächst auf dem Dach?
Doch welche Pflanzen eignen sich überhaupt für die extensive Begrünung?
Grundsätzlich gilt: Sie müssen gut mit dem nährstoffarmen Substrat und mit sommerlicher Trockenheit zurechtkommen. Geeignet sind laut Dobbers etwa polsterförmig wachsende Fetthennen, Thymian und Gräser, genauso wie Heide-Nelke, Dachwurz und Schnittlauch. Es gibt auch Saatgutmischungen speziell extensive Dachbegrünungen.
Damit sich die Pflanzendecke schnell schließt, sollten Dachgärtner diese anfänglich gut gießen. Die eingewachsenen grünen Dächer sind dann aber pflegeleicht, so Dobbers.
Sie rät, einmal im Jahr Lücken zu schließen und auf jeden Fall Pflanzen, die über ihre Samen ungeplant aufs Dach kommen, zu entfernen. „Gleichzeitig kontrolliert man, ob die Dachabläufe frei liegen“, so Annika Dobbers.
Wer größere Dächer etwa von Garage und Wohnhaus bepflanzen will, muss von einem Statiker überprüfen lassen, ob die Konstruktion die zusätzliche Last von Pflanzen, Regenwasser und Schnee hält - oder ob sie verstärkt werden muss.
Ab einer Dachneigung von zehn Grad muss es eine sogenannte Schubsicherung geben, sagt Annika Dobbers. Sie verhindert das Abrutschen der Vegetation.
Extra-Tipp: Vögeln, Insekten und anderen Tieren auf dem grünen Dach kann man übrigens noch mehr bieten: Kleine Haufen Totholz und nicht bepflanzte Sandstellen bieten Unterschlupf. Wasserstellen stillen den Durst der Tiere.
Hilfe bei den Kosten
Eine Dachbegrünung ist mit Aufwand verbunden, auch finanziell. Um Anreize für mehr Gründächer zu schaffen, die dem Klima helfen, haben Bund, Länder und Städte Förderprogramme aufgelegt.
So gibt es im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude einen BAFA-Zuschuss für die Dachsanierung mit Gründach.
Beim Förderkredit mit Tilgungszuschuss von der KfW für eine Sanierung zum Effizienzhaus (Programm 261) zählt auch ein Dachaufbau mit Dachbegrünung zu den förderfähigen Kosten.
Wer mit einem begrünten Dach den Klimaschutz aktiv unterstützen und dafür Förderung erhalten möchte, findet auch bei den öffentlichen Stellen in Kommune und Land Informationen zu möglicher finanzieller Unterstützung. dpa