Magenta ist die Farbe des Jahres, zumindest wenn es nach dem Pantone-Institut geht. Ein starkes Purpurrot, das ins Auge fällt. Aber es ist auch eine Farbe, zu der alle greifen werden?
Wir haben deutsche Farbexperten gefragt, wie sie die Trendprognose aus den USA bewerten und erklären die Hintergründe zur Farbwahl.
Warum soll Magenta 2023 angesagt sein?
Das Pantone-Institut hat dem Farbton mit der Kennung 181750 den Namen „Viva Magenta" gegeben und ihn zu seiner Trendfarbe des Jahres 2023 ernannt. Das Institut hat ein verbreitetes Farbsystem für die Grafik- und Druckindustrie entwickelt und lässt jedes Jahr gesellschaftliche Entwicklungen von Trendscouts analysieren.
Magenta ist eine Farbe mit lebhaften Eigenschaften, die für ein aktuelles Zeitgefühl stehen soll. Dieser Ton irgendwo zwischen knalligem Pink und leuchtendem Rot, ist auch als Fuchsia bekannt. Er steht für ein neues Signal der Stärke, für Optimismus und Freude, so die Begründung von Pantone. Magenta sei mutig und furchtlos und symbolisiere neu geschriebene Geschichte.
Der Farbton Magenta sei zwar naturverbunden, basiert er doch auf dem roten Pigment, das aus der Cochenilleschildlaus gewonnen wird.
Aber Magenta soll - wie schon das helle Lila als sein Vorgänger in 2022 - die physische und digitale Welt miteinander verbinden.
Genauer gesagt nimmt Pantone Bezug auf neue interaktive Welten wie das Metaversum. Das aber könnte ein Marketingtrick sein: Denn Pantone hat eine Kooperation zum Einbinden seiner Farbpaletten in dieser noch vergleichsweise leeren Onlinewelt. Daher witzelten etwa auch die Stil-Experten der New York Times“ über die Wahl Magenta: „Die Farbe, nach der keiner fragte, für eine Welt, in der niemand lebt."
Was sagen andere Farbund Trendexperten zu der Wahl?
,,Ich war etwas überrascht. Ich beobachte immer sehr genau die gesamte Farbenindustrie, da ein Anstrich für das Interieur ein wichtiger Hintergrund ist", sagt Farb- und Wohnexpertin Hildegard Kalthegener. „Und zwar ganz gleich, wie man dekoriert und welche Möbel man davor setzt. Die Wandfarbe kann man schneller ändern als zum Beispiel eine teure Couch. Und im Bereich der hochwertigen und langlebigen Möbel gibt es eigentlich kaum etwas in Richtung Magenta."
Trotzdem kann Kalthegener die Wahl nachvollziehen: „Es ist doch so, dass man nach drei Corona-Jahren und trotz politischer Krisen weiterleben will und neue Highlights braucht", sagt sie. „Nachdem wir eine ewig lange Grauwelle hatten, ist „Viva Magenta" natürlich ein toller Blickfang in diesem Mix aus Asphalt-, Beton- und Marmorfarben um uns herum." Aber sie ergänzt: „Trotzdem glaube ich nicht, dass die Farbe auf Top eins der Rankings schießt."
Auch Trendanalystin Gabriela Kaiser teilt mit: „Die Botschaft von Pantone hinter der Farbe ist gut. Nämlich eine Farbe zu wählen, die kraftvoll, stark und selbstbewusst ist." Aber auch sie ist überrascht von der Wahl genau dieses Tons. Zwar sehe auch Kaiser, dass strahlendes Pink genauso wie starke Rottöne im Trend seien, ,,weil ich dem immer wieder begegne, aber da ist nicht wirklich ,,Viva Magenta" dabei."
Werden wir Magenta trotzdem im Handel angeboten bekommen?
Zwar ist Pantone nur eine von vielen Firmen, die gesellschaftliche Entwicklungen analysieren und anhand der Ergebnisse eine Farbwahl für das Jahr treffen. Aber viele Designer und Firmen auf der ganzen Welt übernehmen in der Folge gerade die Pantone-Wahl gerne für ihre Produkte.
Teils bringen sie Farbspecials ihrer Produkte heraus: Kleidung, Taschen und Brillen, Vasen, Kissen und Trinkflaschen, aber auch große Möbel wie Sessel - und vieles, vieles mehr. Eine weltweite Werbemaschinerie gerät in Gang, auch in Deutschland.
Doch die könnte kleiner ausfallen als in anderen Jahren. „Die meisten Produkte werden entweder richtig klassisch Rot oder aber eben Pink sein", berichtet Gabriela Kaiser, die sich auch mit den Farbtrends für das nächste Jahr auseinandergesetzt und dafür viele Produkte für den deutschen Markt gesichtet hat.
Ihre Prognose zu Magenta: „Genau diese Farbe werden wir in Deutschland wohl wahrscheinlich nicht ganz so oft sehen außer dass die eine oder andere Firma jetzt aufgrund der Verkündung noch ein Produkt daraufhin damit herstellt."
Das zeigt sich jetzt schon, kurze Zeit nach der Verkündung der Pantone-Wahl. Firmen verschicken in Marketing-E-Mails oft Bildern von richtig roten oder pinkfarbenen Produkten. Dazu hieß es einige Male: Der genaue Magentaton ist nicht verfügbar.
Allerdings kam auch oft Starke Pinkals Antwort: und Rottöne sind auch bei uns ein Trend. Übrigens mit der gleichen Wirkung: „Die Assoziationen, die wir mit Rot oder Pink haben, sind denen von „Viva Magenta" im Übrigen sehr ähnlich", so Gabriela Kaiser.
Wie setze ich Magenta in der Einrichtung ein?
„Für mich ist es eindeutig eher eine Farbe für Akzente als für die Fläche", sagt Hildegard Kalthegener. „Es wird keine Architektur in Magenta geben, es werden keine magentafarbigen Fassaden auftauchen." Und bei der Innenausstattung eines Raumes werde man es nicht auf vier Wänden sehen.
„Aber eine Wand in Magenta und das kombiniert mit Grau oder mit Beige, wenn es ein bisschen wärmer wirken soll - wunderbar!"
Welche Trendfarben haben andere Institutionen ausgerufen?
Das Pantone-Expertengremium ist nicht das einzige, das Farbtrends analysiert und ausruft. Das Trendanalyse-Unternehmen WGSN hat für 2023 einen Lavendelton zur Farbe des Jahres gekürt, daneben ein starkes PinkRosa, Orange, Hellblau und Petrol als Schlüsselfarben.
Das deutsche Pendant zu Pantone - RAL - hat in seinen Farbpaletten für 2023 ebenfalls mehrere Violett- und Rosé-Töne sowie ein starkes Rosa. Daneben verschieden starke und schwache Grüntöne und Grau.
Und die Trendexpertinnen? Während Gabriela Kaiser eine breite Rotund Pinkpalette im Trend sieht, hat Hildegard Kalthegener Rosé, Honig- und Senfgelb, Petrol sowie Pastelltöne bei Produktrecherchen ihren ausgemacht.
„Und ich sehe nach wie vor, dass Beige und Grau weitergeht. Grau in allen Schattierungen, auch das graugrüne Eukalyptus - das ist sehr populär", so die Farbexpertin. Auch das schon länger beliebte Puderrosa, Millenial Pink" genannt. ,,Das wird nicht einfach weg sein und durch „Viva Magenta" ersetzt." dpa