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Naturfotograf Karsten Mosebach: Liebesbriefe an die Natur

Auf Internationalem Naturfotofestival Lünen ist Karsten Mosebach als Referent und Aussteller vor Ort: Im Interview berichtet preisgekrönter Naturfotograf über seine große Leidenschaft

Wie ein Engel fliegt diese Schleiereule auf die Kamera zu. Mit diesem besonderen Bild verbindet Naturfotograf Karsten Mosebach viele Erinnerungen. FOTO KARSTEN MOSEBACH

Was kam bei Ihnen zuerst? Die Liebe zur Natur oder zur Fotografie?

Zur Natur. Ein Freund hat mich mit rausgenommen auf die Pirsch. Der ist eigentlich gar nicht Jäger, aber wir saßen da bei Tagesanbruch irgendwo in einem Versteck und haben auf Rehe gewartet. Das war für mich das erste Mal, dass ich so bewusst auf ein Tier gewartet habe, obwohl ich aus einem ganz kleinen Dorf vom Land komme. Der Tag fing an, der Nebel stieg auf und es knisterte hier und raschelte da. Ich fand das unglaublich spannend. Seitdem ist es um mich geschehen. 

Welche Fähigkeiten braucht man als Fotograf, wenn man Natur und Tiere fotografieren möchte?

Geduld! Und die Fähigkeit, ein fertiges Bild im geistigen Auge vor sich zu sehen. 

Also was, beziehungsweise wie möchte ich etwas fotografieren?

Ja, genau. Wobei es nicht unbedingt so ist, dass das am Ende dann immer genau so wird. Wenn man sich mit einer Sache lange beschäftigt, kommen auch neue Ideen. Häufig habe ich ein Bild im Kopf, und das möchte ich hinkriegen. 

Haben Sie Verkleidungen oder Verstecke, wenn sie in der Natur auf Motivsuche gehen? Manche Naturfotografen haben da ja ausgefallene Hilfsmittel.

Nein, ich habe den Eindruck, dass das dann auch ein bisschen übertrieben ist. Natürlich gibt es aber Momente, wo ich mich in einem Versteck verberge. Es kann auch mal sein, dass ich mir aus Brettern etwas zusammenzimmere und dann ein Loch reinmache zum Durchgucken und Fotografieren. Ich habe auch Tarnzelte. Die muss man nur auswerfen und man kann sich reinsetzen. Das ist eigentlich normales Equipment zum Zelten. 

Wo haben Sie gelernt mit der Kamera umzugehen?

Tatsächlich in der Schule. Das war reiner Zufall. Es sollte eine Projektwoche bei uns an der Schule geben, vor der ich mich drücken wollte. Leider ist das einen Tag vorher aufgeflogen und dann hat man mich einfach in einen Kurs gesteckt, der nicht voll war. Da habe ich gelernt, Bilder zu entwickeln. Ich bin ja schon Mitte 50 und damals wurden noch per Hand Schwarz-Weiß-Bilder entwickelt. Das fand ich spannend. Seitdem habe ich angefangen zu fotografieren. 

Wie viel Zeit investieren Sie in Ihre Fotografie?

Ich sag mal so: Im Grunde alle meine Freizeit. Das heißt natürlich nach der Zeit mit der Familie. Meine Kinder sind nicht mehr klein, daher bin ich da nicht mehr so gebunden, aber wenn die Arbeit es zulässt, mache ich das fünf Mal die Woche, es gibt aber auch Zeiten, da habe ich in fünf Wochen nicht einmal die Kamera angefasst. 

In der Ausstellung des Naturfotofestivals kann man Fotos vom Teutoburger Wald bestaunen, die Sie gemacht haben. Was macht diesen Ort in Ihren Augen so besonders?

Ich wohne in Hilter, das ist ein Stück südlich von Osnabrück. Im Prinzip kann ich einen Zirkel von einer halben Stunde um meinen Wohnort herumziehen und habe dann ganz unterschiedliche Landschaftstypen. Ich habe das Mittelgebirge, das platte Münsterland und ich habe die norddeutsche Tiefebene mit ihren Mooren, die es da noch gibt. 

Diese Vielfalt an Lebensräumen auf so engem Raum finde ich absolut Hammer. Ich komme gebürtig aus dem nordhessischen Bergland. Das ist wunderschön da, aber es gibt da nur – in Anführungsstrichen – Bergland. Und hier habe ich verschiedene Lebensräume so nah beieinander, dass ich das wirklich großartig finde. Auch wenn man hier nie eine weite, menschenleere Landschaft haben wird in Deutschland, findet man hier doch alles, von der kleinen Libelle bis zum großen Säugetier. Was viele nicht wissen: Der Teutoburger Wald beherbergt unheimlich viele Orchideen-Arten.

Sie haben viele beeindruckende Fotos geschossen. Gibt es eines, zu dem Sie eine besondere Verbindung haben?

Mir fällt ein Thema ein: Schleiereulen. Es gibt das Foto einer Schleiereule, wo sie mit ausgebreiteten Flügeln wie ein Engel auf die Kamera zufliegt. 2017 gewann ich den Fritz Pölking Preis mit einer Serie über Schleiereulen. Das ist für mich ein Foto, mit dem ich ganz viele Erinnerungen verbinde. Es hat mich viele Wochen gekostet, bis es so weit war und eigentlich hat dieses Foto nur den Anfang für meine Faszination für Schleiereulen dargestellt. 

Gibt es noch ein Motiv, das Sie unbedingt vor die Linse bekommen möchten?

Eigentlich alles Mögliche. Ich bin nie wirklich fertig mit Fotografieren. Am Ende freue ich mich über alles, was neu ist und von mir fotografiert werden kann. 

Sie arbeiten als Gymnasiallehrer in Melle. Wissen Ihre Schüler von Ihrer Leidenschaft?

Ja, auch wenn es nicht so ist, dass ich in der Schule rumlaufe und Fotos zeige. Aber da es schon diverse Veröffentlichungen über mich oder von mir gab, bleibt denen das natürlich nicht verborgen. Ich habe an der Schule eine Schülerfirma, die sich mit Fotografie beschäftigt. Und die AG leite ich. 

Warum ist in Ihren Augen Naturfotografie so wichtig?

Ich will nicht jammern, dass Kinder heutzutage blöd wären, denn das sind sie nicht! Aber viele Menschen wissen heute immer weniger über die Dinge, die in der Natur passieren. Und das finde ich mindestens schade. Ich hoffe, dass die Naturfotografie dazu beiträgt, wieder genauer hinzuschauen.

Preisverleihung am Freitag

Freitag (27. Oktober) findet außerdem die Preisverleihung für den Europäischen Naturfotografen des Jahres und des Fritz Pölking Preises statt.

Die Verleihung ist von 18 bis 20 Uhr, der Eintritt frei.