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Oldtimer Traktoren: Eine große Liebe mit schmutzigen Details

Seltene Schlüter-Traktoren üben auf Familie Döpper eine unvergleichliche Faszination aus. Mit dem Kauf eines Normag-Schleppers erfüllte sich die Familie Döpper einen Traum.

Die Männer der Familie Döpper mit ihrem Normag. FOTOS: PRIVAT

Die erste Liebe hält manchmal ein Leben lang. Dass es dabei hin und wieder zu schmutzigen Details kommt - geschenkt. Am Ende überlebt die Beziehung auch ölverschmierte Hände und Hosen, durchwachte Nächte und banges Lauschen auf zarte Lebenszeichen.

Der Selmer Andreas Döpper liebt alte Traktoren seit seiner Jugendzeit. Sein Großvater hatte einen Hof, da war der Bezug zur Landwirtschaft und zu Landmaschinen ganz natürlich. Später übernahm der Onkel den Hof, Andreas Döpper hatte weiterhin „Spaß am Treckern“, wie er erzählt. Dass es einmal sein Hobby werden sollte, Oldtimer-Traktoren zu restaurieren und zu fahren, verdankt er seinem Vater Theodor: „Nachdem klar war, dass wir Kinder nicht studieren, war Geld für sein Hobby da. Und dann war klar, so alte Trecker aus seiner Jugend, das wäre doch schön.“

Und so recherchierten Vater und Sohn (damals 16 Jahre alt), lasen Fachliteratur und suchten nach dem Jugendtraum des Vaters, einem „Normag aus den 50er-Jahren“, damals so etwas wie der Mercedes unter den Landmaschinen, nur 32 Mal gebaut.

„Als Papa klein war, waren diese 45-PS-Schlepper das, was heute 500-PS-Traktoren sind“, erinnert sich Döpper. Aus dem unerreichbaren Normag wurde zunächst einmal ein roter Schlüter-Traktor von 1962. Der Anfang war gemacht.

Vater und Sohn Döpper restaurierten den Traktor, dabei lernte der Sohn viel über alte Dieselmotoren und ihre Funktionsweise. Inzwischen hat Andreas Döpper seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker (damals noch „Nutzfahrzeugmechaniker“) abgeschlossen – auch beruflich dreht sich für ihn also alles um den Dieselmotor. Wenn er mit den großen Brummis fertig war, ging es oft zu einem Freund auf den Bauernhof: Trecker fahren, schrauben, Spaß haben.

Da traf es sich gut, dass dieser Freund ebenfalls einen historischen Schlüter hat, einen AS 45 von 1956. Auch ein sehr seltenes Modell, insgesamt wurden nur 90 Stück gebaut. Die Erklärung von Andreas Döpper: „Die Nachfrage war gar nicht da. Viele fuhren noch mit Pferdefuhrwerken. Wenn da einer mit 45 PS um die Ecke kam, dann hieß es schon: ‚Da wächst nachher kein Gras mehr, so schwer sind die.‘ Zum Vergleich: Die großen Maschinen von heute haben um die 600 PS.“

Seltene Schlüter-Traktoren üben eine unvergleichliche Faszination aus – dieses Exemplar hat bei Familie Döpper sein Zuhause gefunden.

Ein Traum wird wahr

Jahre später trafen die Döppers auf einem Oldtimertreffen in Holland einen Normag-Fan. Dieser wusste tatsächlich, wo noch ein Normag-Schlepper zu finden war, zumindest sagte er das. Wieder ging einige Zeit ins Land, dann klingelte bei Döpper Senior das Telefon, der Normag stand zum Verkauf. Andreas und sein Vater hatten zwar das Problem, dass sie gerade den zweiten Schlüter-Schlepper gekauft hatten, aber dieser Traum durfte nicht sterben. Der Normag wurde besichtigt, es war tatsächlich das Modell, nach dem die beiden so lange gesucht hatten.

Der Familienrat tagte, schließlich entschied Andreas, der gerade seine Ausbildung beendet hatte und eigenes Geld verdiente: „Wir machen sowieso alles zusammen, wir schrauben zusammen, wir fahren zusammen. Den kaufe ich, der bleibt in der Familie, das war’s.“ So kam der Junior zu seinem eigenen Traktor und der Vater zur Erfüllung seines Traums.

Verlorenes Wissen

Vor dem Fahrspaß steht grundsätzlich die Restaurierung. Ersatzteile müssen oft speziell angefertigt werden, da die ursprünglichen Hersteller nicht mehr existieren. „Man muss alles anfertigen lassen. Und das Wissen über die alten Motoren ist auch kaum noch vorhanden. Das Wissen wird auch nicht mehr weitergegeben, das ist wirklich schwierig“, erklärt Döpper. Aber gerade diese Herausforderungen machen das Hobby so spannend und schweißen die Familie noch mehr zusammen.

Die Döppers sind regelmäßig auf Oldtimer-Treffen präsent und haben sich in der Szene einen Namen gemacht.

„Mein Vater und ich sind auf den ganzen Treffen bekannt“, erzählt Andreas Döpper stolz. Manchmal fragen die Veranstalter schon im Vorfeld an, ob sie mit ihren Maschinen teilnehmen, weil potenzielle Besucher gezielt nachfragen. Die Treffen bieten aber nicht nur Gelegenheit, die eigenen Schätzchen zu präsentieren, sondern auch, sich mit anderen Enthusiasten auszutauschen und neue Ideen zu sammeln.

Leidenschaft teilen

Die zeit- und kostenintensive Liebe zum Oldtimer duldet eigentlich keine andere Liebe neben sich. Zumindest war das bis 2001 so. Denn in diesem Jahr trat Corinna in Andreas‘ Leben. Da waren die drei Traktoren schon da und es war völlig klar, dass das Döppersche Hobby nun auch zu ihrem Leben gehören musste, sollte die Liebe Bestand haben.

Corinna hat keinen Bezug zur Welt der Maschinen, aber das ändert sich schnell. Sie lernt Trecker fahren und findet in der Gemeinschaft der Trecker-Freunde ihre zweite Familie. Ihre „erste“ wächst mit Sohn und Tochter, die selbstverständlich mit zu den Treffen kommen – am Anfang im Babysitz, der auf dem grünen Normag-Kotflügel montiert wird.

Inzwischen haben die Kinder andere Interessen, aber Traktor fahren können alle. Sohn Shawn zog es ebenfalls zur Technik, er ist Lkw-Mechatroniker wie sein Vater. An den Traktoren schraubt er aber nicht, das bleibt Theodor und Andreas vorbehalten.

Wertvolle Maschinen

Die alten Maschinen zu restaurieren, kostet Zeit und Geld. Davon abgesehen, dass es ein erfüllendes Hobby ist, sind die Traktoren jedoch nach der Reparatur auch einiges wert. Für die ganz besonderen Maschinen stehen sechsstellige Beträge im Raum, für so manchen kann dies auch eine Versicherung für das Alter sein.

Der Diesel-Fuchs

Was Andreas Döpper an diesen Maschinen fasziniert? Die alte Technik, die immer noch funktioniert, das alte Wissen zu Motoren und Funktion, das er bewahrt. Hier treffen sich Hobby und Beruf. „„Den Motor, den Andi nicht reparieren kann, gibt es nicht“, schmunzelt ein Kollege.„Er ist unser Dieselfuchs, der so lange tüftelt, bis es passt. Andere haben längst aufgegeben, aber Döpper nicht.“ Petra Zimmermann