Blickpunkt Castrop-Rauxel Anzeige

Die Corona-Zwangspause war kein Wolkenkuckucksheim

Renten-Beitragszahlung lohnt auch für Minijobber

Noch fehlt es an Kulissen, da probt man eben das Spieglein, Spieglein spontan auf dem Hof des Agora. FOTOS (3) C. LUKAS

Zuletzt kam Odysseus noch bis Ickern-Nord. Odysseus startete seine Reise nämlich vor Corona. Bis ins Wolkenkuckucksheim hat er es allerdings nicht mehr geschafft. Die Pandemie hat alledem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Odysseus? Wolkenkuckucksheim?„Odysseus kam bis Ickern-Nord‘ lautet der Titel des letzten Stückes, das war aufgeführt haben“, klärt Erika Römer die Begriffsverwirrung auf. „Danach wollten wir ein Stück mit dem Titel ‚Wolkenkuckucksheim‘ aufführen, das ist dann aber ein Opfer der Pandemie geworden.“ Erika Römer ist seit 1999 Leiterin und Regisseurin von Odysseus Schwestern – vom im Agora Kulturzentrum beheimateten Frauentheater, das seit Jahren immer wieder durchaus aufwendig inszenierte Stücke – nicht nur ins hauseigene Amphitheater – bringt.

Die Corona-Zwangspause war kein Wolkenkuckucksheim-2
Sofia Papadopolou (l.) und Wanda Tomshöfer gehören zu den Urgesteinen der Theatertruppe.
Die Corona-Zwangspause war kein Wolkenkuckucksheim-3
Regisseurin Erika Römer ist die einzige Profi-Theatermacherin unter Odysseus Schwestern.

Schon im Jahr 2000, also kurz nach der Gründung, erhielt die Gruppe einen 2. Preis im Wettbewerb zur Geschichte des Ruhrgebietes (Historama) für ein Stück mit dem Titel „Damals waren wir die Fremden“ – und trat damit in 15 Städten auf. „Odysseus kam nur bis Ickern-Nord“ sollte sogar in Griechenland zur Aufführung gelangen. Doch Corona hat dies verhindert.

Lässt man sich von solchen Unwägbarkeiten unterkriegen? Bestimmt nicht. Jeden Mittwoch trifft sich der harte Kern der Truppe, etwa 15 Frauen, im Agora, um ein neues Stück auf die Beine zu stellen: „Schneewittchen.“

Doch nicht etwa als niedliches Kindertheater wird dieses Schneewittchen des Weges kommen. Erzählt wird die Geschichte aus einer feministischen Sicht.

Schönheit, Alter, Generationenkonflikte, all das wird im Stück thematisiert, „für das wir noch junge Darstellerinnen suchen, ab 16 aufwärts“, so Erika Römer. Es wird komisch, selbstironisch, märchenhaft.

Eingetaucht in eine vollkommen fremde Welt

Sofia Papadopulou wird im September, wenn das Stück zur Aufführung gelangen soll, mit Sicherheit auch wieder mitwirken. „Allerdings wohl nicht als Schneewittchen“, scherzt die 84 Jahre alte Schauspielerin. Sie ist ein Urgestein der Truppe. „Eigentlich fing alles bereits 1998 an und Theater, das war für mich eine vollkommen fremde Welt.“

Eine Welt, die Sofia Papadopulou, die 1962 nach Deutschland gekommen ist, allerdings neugierig machte.

Was aus einer Initiative im Kulturzentrum der Griechischen Gemeinde entstand, wurde 1999 dann offiziell und schnell professionalisiert.

Die Herausforderung im ersten Theaterstück bestand seinerzeit darin, dass alle Schauspielerinnen in ihren Muttersprachen auf der Bühne zu hören waren, sodass sich die Handlung – für die Zuschauer – aus dem Spiel und nicht zwingend aus den Dialogen ergab.

Spaß hat es gemacht, sonst wäre Sofia Papadopulou kaum seit nunmehr 23 Jahren eine eifrige Theatermacherin. So wie auch Wanda Tomshöfer, die mit ihren 79 Jahren gleichfalls zur Gründergeneration gehört. Auch sie konnte auf keinerlei Theatererfahrungen zurückgreifen. „Es ist allerdings nie zu spät, um etwas Neues auszuprobieren“, schmunzelt die ehemals im Einzelhandel tätige Castrop-Rauxelerin.

Am Anfang steht der Austausch

Wenn die Frauen im Kulturzentrum zusammensitzen, dann gibt es keine Hierarchie. Wenn ein Stück geplant wird, bringt jede Mitwirkende ihre Ideen ein, die Erika Römer letztlich protokolliert.

Als Regisseurin hat sie natürlich die künstlerische Leitung, doch am Anfang steht der Austausch, das gegenseitige Inspirieren, das Entwickeln gemeinsamer Ideen. Auch was Masken, Bühnenbilder, Kostüme betrifft, wird all dies aus der Truppe heraus entwickelt. Kreativ sind die Zusammenkünfte und meist auch sehr ergiebig.

Nach der Corona-Zwangspause brennt die Leidenschaft in Ickern auf jeden Fall auf heißer Flamme. Und mag die Gemeinschaft eingeschworen sein: „Theaterbegeisterte Frauen jeden Alters“, betont Erika Römer, „sind immer herzlich willkommen!“ Christian Lukas

www.agora-kulturzentrum.de/index.php/odysseus-schwestern