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Gegen das Insektensterben

Die Imkerei hat einen massiven Zulauf erlebt. Auch der Imkerverein Castrop-Rauxel macht sich für Biodiversität stark.

Sebastian Geisselbrecht in voller Montur. Bienenstiche gehören allerdings hin und wieder auch dazu. FOTO PRIVAT

Rettet die Biene!“ Vor einigen Jahren schockte die Nachricht vom Bienensterben die Bevölkerung. Die Biene, fleißig, genügsam und eigentlich auch freundlich: Vom Aussterben bedroht? Da haben viele Menschen durchaus in bestem Wissen und Gewissen gehandelt und sind selbst unter die Bienenzüchter gegangen. Die Imkerei hat in den letzten zehn Jahren einen massiven Zulauf erlebt. Allerdings: Die Honigbiene, von Imkern gehegt und gepflegt, der geht es eigentlich gut. Die Sache ist etwas – komplizierter. „Rettet die Biene“, so Sebastian Geisselbrecht, zweiter Vorsitzender des Imkervereins Castrop-Rauxel, „ist eine Aufforderung, die Aufmerksamkeit erregt hat, weil die Biene ganz einfach mit positiven Eigenschaften in Verbindung gebracht wird. Man ist bienenfleißig, die Biene bringt uns den Honig.“

Tatsächlich wäre „Rettet die Insekten“ ein besserer Slogan gewesen, da dieser das Problem viel umfassender erfasst. Aber vielleicht auch etwas schwammiger. „Wenn eine Insektenart vom Aussterben bedroht ist, die kaum jemand bei ihrem Namen kennt, ist es natürlich schwierig, auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen. Anders sieht dies bei der Biene aus.“

Bienensterben ist also eigentlich ein Synonym für das Insektensterben. Was nicht bedeutet, dass der Begriff vollkommen in die Irre führt: Bienen sind tatsächlich betroffen, allerdings sind es die Wildbienen. Viele Arten stehen hierzulande gar inzwischen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Insekten. „Daher machen auch wir Imker uns für mehr Biodiversität stark. Monokulturen sind Gift für Insekten, da viele Insektenarten derart auf ganz bestimmte Blütenarten spezialisiert sind, dass sie genau diese Pflanzen benötigen. Werden diese als Unkraut angesehen, und in der Landwirtschaft aussortiert, dann finden diese Insekten keine Nahrung mehr.“

Inzwischen hat sich diesbezüglich glücklicherweise einiges getan. Wildpflanzenstreifen an Feldern etwa lassen es wieder sprießen und gedeihen. Viele Hausbesitzer lassen zumindest hier und da ein Eck wild wuchern und verzichten auf den perfekten englischen Rasen, um Insekten eine Weide zu bieten. „Sorgen bereiten natürlich die Schottergärten, bei denen Flächen brach gelegt werden.“ Das Thema ist bekannt, aber nichtsdestotrotz aktuell. Etwas anders sieht dies mit Steingärten aus. Wildbienen nisten zum Beispiel auch unter der Erde, sie benötigen Niströhren, die finden sie im Steingarten.

Pflanzen aus der Region

Sebastian Geisselbrecht selbst hat seinen eigenen Garten inzwischen so gestaltet, dass dort die unterschiedlichsten Insekten umherschwirren und sich mit Nahrung versorgen. Bei der Aussaat von Wildblumen und anderen Blühern ist es wichtig darauf zu achten, dass es Pflanzen sind, die auch tatsächlich aus der Region stammen.

Oft nämlich werden Wildpflanzensamen verkauft, mit denen Gartenbesitzer glauben, sie würden etwas Gutes für alles, was da keucht und fleucht, tun. Nur stammen diese Pflanzensamen etwa vom Balkan oder Südosteuropa, helfen sie den – wie gesagt – oft hoch spezialisierten Insekten nicht.

Durch die Meldungen der letzten Jahre, seien sie nun begründet oder unbegründet, haben viele Menschen ihre Liebe zur Honigbiene entdeckt und haben sich der Imkerei verschrieben. Obwohl der deutsche Amtsschimmel gewöhnlich zu einer Überregulierung neigt, gibt es für die Anschaffung eines Bienenstocks etwa kaum Vorgaben. So ist der Eintritt in einen Verein freiwillig.

Der Imkerverein Castrop-Rauxel hat in der Stadt und angrenzenden Gemeinden 115 Mitglieder, im Schnitt kümmert sich jedes Mitglied um sieben Völker. Sebastian Geisselbrecht hat vor zehn Jahren seine Liebe zum leisen Summen entdeckt. Insgesamt ist er Besitzer von 18 Völkern, sechs von denen sind an der Emscher zwischen Ickern und Mengede daheim.

„Auch wenn es keine Verpflichtung gibt, ist der Eintritt in einen Verein auf jeden Fall sinnvoll.“ So werden Neulinge von Paten betreut, die sie in die Kunst der Imkerei einführen. So lernt man das Handwerk langsam, aber sorgsam. Christian Lukas