Wir sind für viele Menschen in der Tagespflege ein emotionaler Bezugspunkt. Viele unsere Gäste haben während des Lockdowns 2020 und den vielen Einschränkungen auch in diesem Jahr sehr unter der fehlenden Nähe und fehlender Betätigung gelitten“, erzählt Samira Azouz vom Pflegenetz Martina Rosenberger. Daher schaut sie mit Blick auf die Coronazahlen mit Sorge in die Zukunft.
Zusammen mit ihrer Kollegin Ann-Kathrin Orpel leitet sie seit rund einem halben Jahr die Tagespflege des Netzwerkes im Schatten des Hammerkopfturmes. Erst seit Juli laufen die Tagespflegeeinrichtungen wieder im Regelbetrieb. Was bedeutet, dass alle vorhandenen Plätze auch wieder belegt werden dürfen.
Freie Plätze
Zum ersten Mal seit 20 Jahren gibt es in der Einrichtung an der Riepersbergstraße 4 sogar aktuell freie Plätze – ohne Wartezeit. Der Betrieb ist natürlich einem Hygienekonzept unterworfen, das von der beim Kreis Recklinghausen angegliederten Heimaufsicht (WTG-Behörde) beaufsichtigt wird.
„Für uns galt fast anderthalb Jahre eine Teilschließung der Tagespflege“, erläutert Geschäftsführerin Martina Rosenberger. Das bedeutet, es durften nur so viele Gäste betreut werden, wie der Sicherheitsabstand in der Einrichtung es zuließ.
„Damit möglichst viele Stammgäste betreut werden konnten“, fährt sie fort, „mussten einige Senioren ihre Besuchstage reduzieren, um die wenigen Plätze gerecht verteilen zu können.“ Für berufstätige Angehörige war dies mitunter sehr schwierig und auch belastend. Doch nicht nur für die.
„Wir haben ja zum Beispiel auch Gäste, die an Demenz erkrankt sind“, so Vanessa Olbrisch. Sie arbeitet als Betreuungskraft direkt mit den Tagesgästen zusammen. „Viele von ihnen haben nicht verstanden, warum wir plötzlich Masken trugen. Oder warum wir auf Abstand gingen und keine körperliche Nähe mehr zuließen.“ Einfach mal eine Hand halten oder sich zum Abschied umarmen: „Das war so nicht möglich.“
Kornelia Bicking ist seit November 2019 Mitarbeiterin im Haus. Die gebürtige Kölnerin, die der Liebe wegen nach Castrop-Rauxel gezogen ist, hat nur kurz eine Arbeit jenseits des Ausnahmezustandes an der Rieperbergstraße kennengelernt. „Wenn man diese Arbeit gerne macht“, so die Pflegerin, „dann arrangiert man sich ja mit den äußeren Umständen, die niemand von uns zu verantworten hat. Aber seit wir wieder im Regelbetrieb arbeiten dürfen, hat sich die Lage spürbar entspannt.“
Was allerdings immer als eine Momentaufnahme zu verstehen ist, da niemand weiß, wie sich die nächsten Wochen entwickeln werden. Durchgeimpft und geboostert sind fast alle Gäste und Mitarbeiter. Christian Lukas