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Heimat- und Kulturverein Castrop-Rauxel: Wo Vergangenheit greifbar gemacht wird

Erster Schauraum der Heimatkundlichen Sammlung: Bergbau-Utensilien, bergmännisches Alltagsgut, Verkehrsschilder zu vergangenen Unternehmen, Kunst, Unterhaltungselektronik und auch Hochzeitsort

Werner Requardt macht es sich im Wohnzimmer gemütlich. Natürlich gehörten in Castrop-Rauxel eine Bowleschüssel und ein St. Barbara-Statue zur Grundausstattung einer jeden Guten Stube. FOTO CHRISTIAN LUKAS

Die Heimatkundliche Sammlung hat ihren ersten kleinen Schauraum eröffnet. Ein Wohnzimmer ist es geworden. Eine Küche und ein Schlafzimmer sollen in absehbarer Zeit folgen, Exponate, die den Besuchern ihrer einstigen Funktion entsprechend präsentiert werden möchten, gibt es schließlich genug.

Wie erklärt man eine Heimatkundliche Sammlung? „Wir sind kein Museum“, erläutert Wolfgang Limberg, der dem 2008 gegründeten Heimat- und Kulturverein Castrop-Rauxel seit vielen Jahren angehört und mit ihm durch die durchaus turbulenten letzten zehn Jahre gegangen ist. „Unser Verein hat vielmehr die Heimatkundliche Sammlung der Stadt Castrop-Rauxel übernommen und dafür gesorgt, dass sie an einem Ort ein Zuhause gefunden hat.“

Stadt- und Verwaltungsgeschichte

Eine Stadt verfügt in der Regel nicht nur über ein Stadtarchiv, in dem in Wort und Bild die Stadt- und Verwaltungsgeschichte erhalten bleibt. Da wird etwa ein Bürgermeisterbüro ausgeräumt, weil die Möbel nicht mehr den Anforderungen der Zeit entsprechen: Das landet dann aber nicht auf dem Sperrmüll, sondern wird irgendwo verstaut.

In einer ehemaligen Zechenstadt wie Castrop-Rauxel hat sich eine Sammlung an Bergbau-Utensilien angesammelt. Manch ein Alltagsgegenstand der Vergangenheit wird in einer solchen Sammlung archiviert. Verkehrsschilder zu längst vergangenen Unternehmen werden als Erinnerungen eingelagert. Aber auch Kunst findet sich in einer solchen Sammlung wieder. Zum Beispiel Gastgeschenke aus Partnerstädten. 

In einer ehemaligen Zechenstadt wie Castrop-Rauxel hat sich eine Sammlung an Bergbau-Utensilien angesammelt. Manch ein Alltagsgegenstand der Vergangenheit wird in einer solchen Sammlung archiviert. Verkehrsschilder zu längst vergangenen Unternehmen werden als Erinnerungen eingelagert. Aber auch Kunst findet sich in einer solchen Sammlung wieder. Zum Beispiel Gastgeschenke aus Partnerstädten.

„In Castrop-Rauxel sind all diese Dinge früher an ganz unterschiedlichen Orten aufbewahrt worden“, schildert Werner Requardt während eines Rundgangs durch die seit August 2022 zugängliche Sammlung.

Seit anderthalb Jahren ist die Heimatkundliche Sammlung an der Westheide 63 direkt hinter dem Berufsbildungszentrum in der alten Turnhalle der ehemaligen Schule direkt an der Stadtgrenze zu Dortmund daheim.

Jahre wurde auf diese Eröffnung hingearbeitet, irgendwas aber kam den Heimatfreunden immer wieder in die Quere - zuletzt Corona. Werner Requardt aber winkt ab. „Das ist Geschichte, unser Blick richtet sich in die Zukunft.“ Eine Zukunft, die das Vergangene erhält.

Werner Requardt führt dienstags und donnerstags Besucher durchs Haus, derzeit arbeitet er daran, Hinweisschilder mit QR-Codes zu versehen, sofern es zu externe den Exponaten Links gibt, die Besucher mit weiterführenden Informationen versorgen können.

23 Jahre lenkte Bürgermeister Wilhelm Kauermann von diesem Zeugnis deutscher Schreinerkunst die Geschicke der Stadt. Für das Foto hat Wolfgang Limberg seinen Platz eingenommen.<br/>FOTO CHRISTIAN LUKAS.
23 Jahre lenkte Bürgermeister Wilhelm Kauermann von diesem Zeugnis deutscher Schreinerkunst die Geschicke der Stadt. Für das Foto hat Wolfgang Limberg seinen Platz eingenommen.
FOTO CHRISTIAN LUKAS.

Hochzeitstag am alten Schreibtisch gefeiert

Die Sammlung am östlichsten Zipfel Castrop-Rauxels ist ein fröhliches Sammelsurium von Zeugnissen vergangener Tage. Wurde in diesem Text bereits das Bürgermeisterbüro erwähnt, ist das kein Zufall. Der Schreibtisch von Wilhelm Kauermann, der als Oberbürgermeister die Geschicke Castrop-Rauxels von 1948 bis 1971 bestimmte, hat hier ebenso wie sein persönlicher Dienstschrank ein neues Zuhause gefunden.

Die Möbel, erhabene Monumente eichener Schreinermeisterkunst, stehen nicht hinter Glas, sondern sind zum Anfassen da. „Neulich hat ein Ehepaar im sehr fortgeschrittenen Alter hier bei einem kleinen Sektempfang seinen Hochzeitstag gefeiert, ein Paar, das an diesem Schreibtisch tatsächlich standesamtlich getraut worden ist“, erinnert sich Werner Requardt. Er freut sich über solche Aktionen, die auf Anfrage gerne möglich gemacht werden.

So manch eine alte Vitrine wartet noch darauf, prominenter präsentiert zu werden. Pokale, Wappen, Vereinsfahnen eines längst vergessenen Schützenvereins sind von den Vereinsmitgliedern eben diesem Vergessen entrissen worden und werden Besuchern ebenso präsentiert wie eine erquickliche Sammlung an alten Näh- und Schreibmaschinen.

Kunst trifft auf bergmännisches Alltagsgut

Stolz ist man auf die Bilder von Golf Schwarz. Wenig ist über den Künstler überliefert, dessen Bilder Ansichten zeigen, die teils schon vor langer Zeit aus dem Castrop-Rauxeler Stadtbild verschwunden sind. Dass zur Sammlung natürlich auch bergmännisches Alltagsgut gehört, bedarf vermutlich keiner weiteren Erwähnung.

Ursprünglich sollte die Sammlung in Ickern eine Heimat finden, aus dem Umfeld des Agora Kulturzentrums kamen solche Bestrebungen. 2017 wurde der heutige Standort in Dingen in den Ring geworfen, allerdings mussten einige Renovierungsarbeiten umgesetzt werden. 2019 wurde damit begonnen, die Exponate zusammenzuführen, mit Hilfe des Kolping Vereins wurden viele Ausstellungsstücke restauriert. Pünktlich zur angedachten Eröffnung begann dann jedoch die Pandemie.

Dass über der Eingangstür „Heimatkundliche Sammlung“ und nicht, wie bereits erwähnt, Museum steht, hat viele Gründe. Ein Museum müsste die Sammlung ganz anders wissenschaftlicher - kuratieren, zur Museumsarbeit gehören professionelle Bildungsangebote - und es braucht Mitarbeiter.

„Wir machen das alles ehrenamtlich“, betont Wolfgang Limberg und verweist in einem Nebensatz auf die Haushaltslage der Stadt, die sich so ein Museum gar nicht leisten könnte.

Was aber hat es nun mit den Schauräumen auf sich? Sie werden in Zukunft die Vergangenheit des Wohnens greifbar machen. So wie das „Wohnzimmer“, der erste Raum, in dem ein Sofa, das Loriot zu Ehren gereicht, eine alte Vitrine, aber auch Unterhaltungselektronik vergangener Zeiten diesen Anspruch bereits erfüllt.

Geöffnet ist das Haus dienstags und donnerstags zwischen 10 und 16 Uhr, der Eintritt ist frei. Anfragen (zum Beispiel von Schulen) sind an Tel. (02305) 892 38 12 zu richten.
 Von Christian Lukas