Für Bernd Mühlmann, Initiator der Walking-Football-Gruppe beim Tus Kruckel 1910 e.V., sprang im Oktober 2023 der Funke über: „Ich habe im Fernsehen gesehen, wie 90-Jährige in England Walking Football spielen. Da dachte ich mir: Das wäre doch auch was für unsere Generation!“ Walking Football hat sich in Großbritannien längst etabliert. Auch in vielen anderen Ländern ist diese Spielart des Fußballs sehr beliebt. Im Oktober 2025 findet der zweite „World Nations Cup“ im spanischen Alicante statt.
Was ist Walking Football?
Walking Football ist eine modifizierte Form des Fußballs, die speziell darauf ausgerichtet ist, körperliche Überlastung zu vermeiden und gleichzeitig den Spaß am Fußballspiel zu erhalten. Dabei gelten besondere Regeln: Gespielt wird auf einem kleineren Feld (42 x 21 Meter) mit kleinen Toren (3 x 1 Meter), und nur Gehen ist erlaubt. Das Spiel ist kontaktfrei, ohne Zweikämpfe und Tore dürfen nur aus der gegnerischen Hälfte erzielt werden. Zu den Besonderheiten gehört auch ein spezielles „Elfmeterschießen“: „Von der Eckfahne wird der Ball zur Mittellinie gespielt, von da muss der Spieler diesen Ball direkt aufs Tor schießen.“ Für viele Teilnehmer ist Walking Football mehr als nur ein Sport; es ist eine Möglichkeit, sich wieder mit alten Freunden zu treffen und Teil einer aktiven Gemeinschaft zu sein.
Gemeinschaft im Vordergrund
Bernd Mühlmann griff im vergangenen Jahr nach dem Fernsehbericht zum Telefon: „Ich habe ungefähr 50 ehemalige Mitspieler angerufen - 48 davon haben direkt positiv reagiert“, erinnert er sich. „Wir sind dann im Oktober bei widrigen Wetterbedingungen gestartet, wir hatten ja noch keine Ausrüstung. Wir haben uns dann einfach die Tore geschnappt, die die Jugend hat. Das hat allen richtig Spaß gemacht, und wir haben beim ersten Training aus dem Stand 60 Minuten Fußball gespielt. Ich bin 10.000 Schritte gelaufen!“
Das erste Wiedersehen hatte auch etwas von einer Zeitreise: Einige Spieler hatten sich vor 20 Jahren das letzte Mal gesehen. Manche kamen in ihren alten Trainingsanzügen oder mit ihren alten Fußballschuhen. „Einer kam mit einer Sepp-Herberger-Tasche, die war damals modern“, lacht der Initiator.
Manche haben seit Jahrzehnten nicht mehr gekickt,haben künstliche Gelenke oder Sehbehinderungen, die sie am regulären Fußball hindern. Bernd Mühlmann erklärt: „Bei uns sind Leute zwischen 35 und 65 Jahren dabei vom Titan-Knie bis zur Hüftarthrose ist alles vertreten. Doch alle können diesen Sport ausüben und sind begeistert.“
Trainiert wird einmal pro Woche. Ein spezielles Aufwärmprogramm nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sorgt dafür, dass nicht nur, aber auch bei den Gehfußballern die Gesundheit der Spieler an erster Stelle steht: „„Dank unserer Koordinations- und Konditionstrainerin Julia Sachs sind wir fast verletzungsfrei“, erzählt Mühlmann stolz.
Ebenso wichtig wie die sportlichen Anforderungen ist für die meist älteren Spieler der Zusammenhalt. Mehr noch als in traditionellen Mannschaften geht es um das gemeinsame Erlebnis. „Wir haben mit unserem Angebot auch viele wieder in den Verein geholt, die jahrzehntelang wegen körperlicher Einschränkungen nicht mehr dabei waren. Das ist, als hätten sie ihre zweite Heimat wieder gefunden“, so die Erfahrungen von Bernd Mühlmann.
Dieser Ansatz spiegelt sich auch bei Wettbewerben mit anderen Mannschaften wider: Nach den Spielen gibt es oft gemütliche Runden mit den gegnerischen Teams, bei denen auch mal eine Bratwurst oder ein Bier geteilt werden.„So etwas habe ich in meiner aktiven Fußballzeit nicht erlebt dieser Austausch ist einmalig und macht den Sport auch sozial besonders“, erklärt der Kruckeler.
Zukunftspläne und Wünsche
Obwohl die Nachfrage wächst, ist Walking Football in Dortmund relativ unbekannt. „Es ist erstaunlich, dass die Stadt da nicht aktiv ist. Für Spiele müssen wir teilweise weit fahren, nach Gelsenkirchen oder Wuppertal. Und wenn ich in die Niederlande schaue, da war ich überrascht, was dort alles gemacht wird.“ Bernd Mühlmann sieht sich und seinen Verein als Vorreiter in Dortmund. Er versucht, ein Netzwerk aufzubauen, um Spiele und Turniere zu organisieren. Für 2025 plant er das erste Walking-Football-Turnier in Dortmund, möglichst mit einer niederländischen Mannschaft.„Wir netzwerken ununterbrochen, damit Spiele organisieren können. Einer unserer Spieler hat die Website ,walking-footballnetzwerk.de ' ins Leben gerufen, damit der Sport mehr in den Fokus rückt. Unser Ziel ist es, Walking Football weiter bekannt zu machen und Fans eine schonende Art des Sports zu zeigen.“
Von Petra Zimmermann