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Vorstellung des Hauses von Anselm Treese aus Dortmund: Ein Haus als Kunstwerk

Wie leben und arbeiten die Künstler im Dortmunder Süden? In der 107. Folge der Serie stellen wir das Atelier des Bildhauers Anselm Treese vor.

Ursula Treese neben einer Bronzeskulptur ihres verstorbenen Ehemannes Anselm Treese in ihrem Haus im Loh.

Von Julia Gaẞ

Nach neun Jahren, in denen es diese Atelier-Serie gibt, ist dies eine Premiere: Zum ersten Mal stellen wir das Atelier eines verstorbenen Künstlers vor - das von Anselm Treese. Damit erinnern wir an den 20. Todestag eines Künstlers, der das Dortmunder Stadtbild maßgeblich prägt. Er starb am 18. Juni 2004, zwei Monate vor seinem 75. Geburtstag am 16. August.

In den 70er-Jahren hat der Bildhauer Atelier und Werkstatt aus Lünen in sein Elternhaus im Loh verlegt. „Es war das erste Haus, das im Loh gebaut worden ist. Da war vorher nichts“, erzählt Anselms Treeses Witwe und zweite Ehefrau, Ursula Treese. Oft an- und umgebaut hat der Bildhauer dieses Haus. Hinter dem künstlerisch gestalteten Garten sind Räume für Büro und Werkstatt. Und das ganze verwinkelte Haus ist wie ein Museum.

Vom hölzernen Esstisch bis zum Betonregal im Esszimmer, Säulen an der Küche, Schachfiguren und Skulpturen in den Schränken und Plaketten an der Wand, die bis heute an Deutsche Volleyballmeister verliehen werden, stammt alles aus der Werkstatt von Anselm Treese. Und alles sieht so aus, als wäre der Bildhauer gerade erst zur Tür hinausgegangen. Auch in der Werkstatt ist alles an seinem Platz und einsatzbereit.

Betten zum Entdecken

Ursula Treese wohnt in dem Haus. „Ich kann gar nicht anders. In einer Wohnung würde ich nicht klar kommen“, sagt die pensionierte Musiklehrerin. Ein Bad erinnert an eine antike römische Badeanstalt, jeden Stein hat Anselm Treese dort selbst verlegt. Ums Eck gibt es eine Nische mit einem Gästebett in einer Nische - ein Abenteuerplatz für die Enkel. Spartanisch ist die Schlafstätte, die sich Anselm Treese in seiner Werkstatt als Hochbett angelegt hat. Nah an der Kunst.

Anselm Treese hat mit seiner Kunst gelebt. Der Garten ist ein Traum, und vom Betontisch mit Hockern, der Wandverkleidung bis zur Wendeltreppe ist alles selbst gefertigt. Das ganze Haus ist ein Kunstwerk - ein Haus zum Staunen.

Ein bescheidener Künstler

Anselm Treese war ein bescheidener Künstler. Immer freundlich, auch dann, wenn die Stadt nicht gut mit ihm umgegangen ist. Ältere Dortmunder erinnern sich sicher an die Beton-Skulptur vor St. Reinoldi. Für dieses Kunstwerk war 1975 ein Wettbewerb ausgeschrieben, den Treese gewonnen hat. Die gelängliche, schwungene Skulptur haben Jugendliche als Sitzplatz genutzt, später wurde sie beschmiert. Die Wurst muss weg“, hat der damalige Oberbürgermeister Günter Samtlebe gesagt. So wurde das Kunstwerk, das im Volksmund auch „Anselms Tresen“ genannt wurde, an die Auffahrt von der B54 auf die B1 abgeschoben.

Andere Skulpturen wie „Mutter Hiroshima“ haben zum Glück ein höheres Ansehen in der Stadt. Und einige sind wie vieles in Treeses Haus wunderschöne Gebrauchskunst. Seine 1994, die Sitzgruppe „Hingesetzt“, die der Bildhauer für den Wellinghofer Marktplatz gestaltet hat, wirkt wie vier gute Kumpel, mit denen man gerne auf einer Mauer verweilt. Bis 2001 hat Treese kleine Jahreszahl-Plastiken gefertigt. Kindern, die im Hörder Hallenbad schwimmen gelernt haben, ist Treeses farbige Betonwand im Bad vertraut. Auftraggeber mit „ungewöhnlichen Lösungen“ zu überraschen war immer der Wunsch des Künstlers. Auf dem Bezirksfriedhof in Wellinghofen ist Anselm Treese begraben; auch die Arbeit auf dem Grab hat er gefertigt - ohne zu wissen, dass sie einmal auf seinem Grab liegen würde. In Erinnerung bleibt der Bildhauer den Dortmundern, denn sie leben mit seiner Kunst in der Stadt.