Blickpunkt Castrop-Rauxel - eine Stadt voll Kultur und vielfältiger Angebote Anzeige

Gegen das Prinzip Stoppuhr

Der Pflegedienst Herbstzeit ist seit zwei Jahren im Herzen der Stadt daheim. Als familiärer Pflegedienst hat er sich auf die Fahne geschrieben, über den Leistungskatalog hinaus für die Menschen da zu sein.

Claudia Herbst (r.) und Tanja Hedegger sind mit ihrem Pflegedienst vor zwei Jahren in die Innenstadt gezogen. FOTO C. LUKAS

Mitten im Herzen der Stadt, direkt am Simon-Cohen-Platz, betreibt der Pflegedienst Herbstzeit seine kleine Geschäftsstelle. Ausgerechnet während der ersten Hochphase der Corona-Pandemie hat Claudia Herbst ihren Pflegedienst mit ihrer Freundin und Kollegin Tanja Hedegger an den Start gebracht.

„Wir verstehen uns als ein familiärer Pflegedienst“, erklärt Claudia Herbst das Konzept ihres Hauses. Familiär, das bedeutet für Claudia Herbst, dass man die Menschen, die man pflegt, nicht als Fallnummern betrachtet, „sondern als Teil einer Familie!“

Ihr Pflegedienst hat es sich auf die Fahne geschrieben, nicht nur den Leistungskatalog abzuarbeiten. Der Leistungskatalog, nach dem die häusliche Pflege vergütet wird, kennt zum Beispiel das nette Gespräch nicht. „Dieser Katalog“, sagt Claudia Herbst, „kennt nur die Stoppuhr.“

Doch genau diese netten Gespräche, die sind Claudia Herbst wichtig, auch wenn sie nicht im Leistungskatalog stehen und am Ende des Tages auf ihre Rechnung gehen. „Für Tanja und mich ist diese Nähe zu den Menschen wichtiger als ein weiterer Posten auf einer Kosten-Abrechnung.“

„Ich bin erst spät als Quereinsteigerin zur Pflege gekommen.“ Früh ist Claudia Herbst Mutter geworden, mit vier Kindern war sie dann plötzlich alleinerziehend. Doch sie hat sich durchgeboxt. Nach der Arbeit als ungelernte Hilfskraft folgten eine Ausbildung im Marienhospital Herne und ein Pflegemanagement-Studium.

Im Laufe der Zeit hat sie für verschiedene Dienste gearbeitet. „Und ich habe mich nicht nur über die Stoppuhr-Mentalität geärgert.“ Manchmal sind es die vermeintlichen Kleinigkeiten, die eine Hutschnur zum Platzen bringen. Im Fall von Claudia Herbst waren es Anweisungen wie die, nach einem Patientenbesuch keinen Hausmüll mitzunehmen und in die Tonne vor dem Haus zu werfen, wenn ältere Leute, die die Wohnung nicht verlassen konnten, sie darum baten. „So ein Akt muss ja abgerechnet werden und der Aufwand lohnt sich nicht.“ Das hat ihr ein Arbeitgeber genau so gesagt. „Das muss man sich vorstellen“, ärgert sich Claudia Herbst.

Wer es besser machen will, muss es demnach selber machen. Also hat sie ihren eigenen Dienst für häusliche Pflege gegründet. Mit Tanja Hedegger holte sie eine Teilhaberin ins Boot, die so denkt wie sie; auch von ihren derzeit neun Angestellten sind die meisten ehemalige Kolleginnen. „Wir haben wirklich Spaß an der Arbeit. Klar ist der Job manchmal anstrengend und körperlich herausfordernd, aber er ist auch schön, weil man Menschen etwas Gutes tun kann. Wie viele Berufe können das von sich behaupten?“ Christian Lukas

www.haeusliche-krankenpflege-herbstzeit.de