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Schauspieler Tobias Schwieger: „Ich bin mehr so der Spieler“ - Theater als Leidenschaft 

Vom Bogenoffsetdrucker zum leidenschaftlichen Bühnendarsteller - Eine Reise zum Traumjob am WLT

Tobias Schwieger als Tambourmajor in der Woyzeck-Inszenierung am WLT. FOTO BEUSHAUSEN

Der Aufenthaltsraum des Probengebäudes: Man kann sich gut vorstellen, wie hier die Mitglieder des Ensembles sitzen, Texte lernen, diskutieren, Premieren feiern. Das pralle Theaterleben eben. Genau dieses Leben ist für Tobias Schwieger der gelebte Traum. Er kam spät zum Theater, hat erst mit 24 angefangen. Dass es den Schauspieler Tobias Schwieger gibt, verdanken die Zuschauer einem Zufall und seinen Plattdeutsch-Kenntnissen: „Bei uns im Dorf gibt es plattdeutsches Theater. Der Verein suchte einen jungen Mann. Da hat mein Nachbar mich gefragt und ich konnte damals einfach nicht Nein sagen.“

Bis zur Ausbildung war es aber ein langer Weg mit Umwegen. Von Natur aus introvertiert und wortkarg, macht Tobias Schwieger erst einmal eine Ausbildung zum Bogenoffsetdrucker. Nach der Ausbildung nahm er sich als FSJler Zeit, zu sich selbst zu finden. In dieser Zeit sprach er auch an den ersten Schauspielschulen vor – scheiterte aber krachend. Kein Wunder ohne professionelle Begleitung und VorbeD reitung. Der Unterschied zur kleinstädtischen Laienbühne war groß. „Erst mal habe ich mich für ein Studium der sozialen Arbeit in Münster entschieden. Irgendwie hat mich das mit der Schauspielerei aber nicht losgelassen.“ Tobias Schwieger recherchiert, entscheidet sich für Köln und die Schauspielschule „Der Keller“. Er spricht vor, wird angenommen und ist endlich da, wo er sich zu Hause fühlt.

Ausbildung kein Zuckerschlecken

Die dreieinhalb Jahre Ausbildung sind wahrlich kein Zuckerschlecken. Selbstzweifel und Unsicherheit begleiten ihn, aber er beißt sich durch, da die Leidenschaft für das Theater schwerer wiegt als alles andere. Er arbeitet an sich, lernt, sich zu öffnen und auf Knopfdruck seine Leistung zu bringen. Nach der Bühnenreifeprüfung fällt dann die Last ab. Nach eineinhalb Jahren als freier Schauspieler, in denen er zum Beispiel auch Straßentheater gemacht hat, kommt er ans WLT.

Am Landestheater mag er das Ensemble, die Kollegen, die immer wohlwollend miteinander umgehen. Er mag es, an verschiedenen Orten zu spielen, sich immer auf neue Gegebenheiten einstellen zu müssen. Dabei ist er den Kollegen aus den technischen Abteilungen dankbar: „Oft ist das Bühnenbild anders aufgebaut. Das heißt, man muss immer flexibel sein und Schauspieler sein ist ja auch immer so ein Auf-der-Suche-Sein. Da ziehe ich immer wieder meinen Hut vor der Technik, wie die dann alles am Spielort umsetzen. Wir Schauspieler kommen so ein bisschen ins gemachte Nest. Wir kommen an, setzen uns in die Maske, gehen auf die Bühne und die Technik baut alles auf, überlegt sich, wie kriegen wir das da rein, dass das Publikum auch einen guten Blickwinkel hat und alles passt. Und baut es danach auch wieder ab. Also dafür bin ich sehr dankbar.“ Die geforderte Flexibilität hält wach und passt auch zu seiner Herangehensweise an seine Figuren.

Bereits vor der ersten Probe setzt sich Tobias Schwieger mit seiner Figur und dem Stück auseinander. Historische Hintergründe, Informationen zum Autor, die Charakterisierung seiner Figur die ganze ,unsichtbare Arbeit“ eines Schauspielers beginnt schon vor der Leseprobe. Schwieger ist sehr genau, liest sich ein und studiert Sekundärliteratur: „Ich finde Recherche immer extrem wichtig, das macht einen ganz anderen Kosmos auf. Das wird in der Inszenierung nicht sichtbar sein, aber das Hintergrundwissen macht das Stück besonderer, hebt es auf eine andere Ebene. Und man weiß mehr, was man tut.“

Mit der Probenarbeit beginnt dann die Zeit des Ausprobierens. Dabei ist es ein Geben und Nehmen zwischen Regie und Schauspieler: Tobias macht gerne Angebote - wie zum Beispiel die Art des Auftritts in der aktuellen Inszenierung in „Außer Kontrolle“. Er ist aber auch sehr kompromissbereit und dankbar für Ratschläge aus der Regie.“ Fertig mit seiner Interpretation ist Schwieger ohnehin nicht zur Premiere: „Ich bin tatsächlich mehr so der Spieler als der Probenmensch. Ich probe sehr gerne, aber ich stehe lieber auf der Bühne. Also ich bin mit der Rolle nie fertig zum Ende der Probenzeit. Ich kann nie sagen, das ist in Stein gemeißelt. Mir hilft es dann tatsächlich, mich auch frei zu spielen.“

Wünsche für die Zukunft

Tobias Schwieger fühlt sich sehr wohl am WLT. Die Mischung zwischen Krimi, Boulevard und gesellschaftlich relevanten Themen sorgen für Abwechslung bei der Arbeit. Nach seinen zukünftigen Traumrollen gefragt, muss er nicht lange überlegen. Er ist nicht auf einzelne Rollen festgelegt, sondern sieht die Stücke als Ganzes. „Ich möchte auf jeden Fall gerne mal Arthur Miller oder Tennessee Williams spielen. Ich mag psychologisches Theater einfach total gerne. Shakespeare würde ich gerne mal machen. Generell mehr Klassiker, da hätte ich Bock drauf.“

Von Petra Zimmermann