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Westfälisches Landestheater in Castrop-Rauxel: Der Minister im Schlafrock

Premiere „Außer Kontrolle“: Boulevard-Komödie, die das Publikum zum Lachen bringt

Gruppenbild mit Leiche. Am WLT tanzen die Figuren die Nachfragen einfach weg. V.I.: Friederike Baldin, Mike Kühne, Marvin Moers, Mario Thomanek, Guido Thurk. FOTO BEUSHAUSEN

Ein Mann eine Affäre haben (wollen), ein eifer Hotelzimmer, und Frau, die süchtiger Ehemann und eine (vermeintliche) Leiche. Das sind die Hauptzutaten. Hinzu kommen noch Hotelmanager und -Kellner und der diensteifrige Sekretär, der unfreiwillig in die Verwicklungen gezogen wird - fertig ist die muntere Boulevard-Komödie „Außer Kontrolle“ von Ray Cooney, die am Samstag, 3. Dezember, am Westfälischen Landestheater Premiere feierte.

In der Inszenierung des Intendanten Ralf Ebeling zeigt das spielfreudige Ensemble des WLT, dass es den Klamauk beherrscht.

Aus den Fugen

Richard Willey (Mike Kühne), Staatsminister, steigt im ehrwürdigen Westminster Hotel in London ab. Während im Parlament eine wichtige Debatte läuft, trifft er sich mit seiner Geliebten Jane (Friederike Baldin), Sekretärin der Opposition. Champagner ist bestellt und wird vom Kellner (in Komödienhochform: Guido Thurk) geliefert. Er wird noch eine entscheidende Rolle am Abend spielen. Alles ist für einen prickelnden Abend vorbereitet. Aber dann entdeckt Jane beim Zurückziehen der Vorhänge einen leblosen Unbekannten im Fenster.

Nun ist guter Rat teuer. Die Benachrichtigung offizieller Stellen wie Polizei oder Hotelmanager (wundervoll britisch distinguiert: Burghard Braun) ist keine Option. Schließlich möchte der Herr Minister keinen öffentlichen Skandal provozieren. Stattdessen zitiert er seinen Sekretär George Pigden (Mario Thomanek) in das Hotel und macht ihn zum Komplizen, der ihm helfen soll, die vermeintliche Leiche zu beseitigen.

Es kommt, wie es kommen muss: Die Verwicklungen nehmen kein Ende und veranlassen Minister und Sekretär zu immer waghalsigeren Lügen. Die Welt des Ministers gerät immer mehr aus den Fugen. Als der eifersüchtig-weinerliche Ehemann Janes, Ronnie (Tobias Schweiger), und seine eigene Ehefrau auftauchen und die Leiche plötzlich keine Leiche mehr ist, ist das Chaos perfekt und die Lage endgültig außer Kontrolle.

Lacher im Publikum

Dem Publikum in der Castroper Stadthalle gefällt's. Mike Kühnes Richard ist von Anfang an im emotionalen Ausnahmezustand, immer nah am eigenen Untergang und mit blühender Fantasie gesegnet. Mario Thomanek als Sekretär George ist anfangs sichtlich unwohl. Das zeigt er ganz wunderbar mit körperlichen Verrenkungen. Man sieht ihm die Qualen förmlich an. In der ursprünglich aus der Not geborenen Rolle als Schürzenjäger ist er sehr erfolgreich. Guido Thurks Servicekraft Harold Chromwell spielt perfekt mit dem Klischee des Trinkgeldjägers, der in den Irrungen und Wirrungen unverzichtbarer Helfershelfer und Informant ist. Thurks komödiantisches Talent ist hier perfekt eingesetzt. Burghard Braun gibt den Hotelmanager ganz dezent-neugierigbritisch. Sein Entsetzen, ob der scheinbaren Beziehungen unter den zahlreichen Suite-Gästen sieht und hört der Zuschauer deutlich in Haltung und Ton. Tobias Schweigers Ronnie möchte man nach dem ersten Schreck über den schwungvollen Auftritt am liebsten in den Arm nehmen und trösten.

Die Frauenrollen sind von Ray Cooney etwas knapp gehalten. Sie sind zwar Katalysatoren der Handlung, aber haben kaum Entwicklungsmöglichkeiten. Friederike Baldin (Jane Worthington), Tine Scheibe (Pamela Willey) und Kathrin Marén Enders (Gladys) zeigen aber eindeutig Spaß an dem Spiel mit dem Feuer. Das Premierenpublikum applaudierte laut und anhaltend.

Weitere Aufführungen im Studio gibt es am 28. und 29. Dezember. > Weitere Informationen: www.westfaelisches-landestheater.de

Von Petra Zimmermann