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Cappenberger Schleppjagdverein: 37 Hunde auf der Jagd

Traditionelle Fuchsjagden der Meute Cappenberg

Bernd Funke aus Hamm ist im sogenannten Kennel der Meute Cappenberg. Als Huntsman ist es seine Aufgabe, die Meute-Hunde zu trainieren. Wir haben ihm 2022 über die Schulter geschaut. FOTO (A) GÜNTHER GOLDSTEIN

Ihre wilde Jagd, bei der Fuchs und Hase kein Haar gekrümmt wird, hat Cappenberg bundesweit bekannt gemacht: die Cappenberger Meute. Seit 2000 ist sie nicht mehr vor Ort. Es gibt sie aber noch.

Sie wohnen zwischen München und Norderney, Frankfurt und Aurich. Dennoch nennen sie sich alle Cappenberger, obwohl niemand von ihnen je seinen Wohnsitz dort hatte. Ihr engster Kreis, die sechsköpfige Equipage, bildet sogar die Familie Cappenberg“. Die Mitglieder des Cappenberger Schleppjagdvereins haben mit ihrer Meute längst dafür gesorgt, dass zumindest Jagdreiter aus ganz Deutschland bei einem großen „C“ weder an Vitamine noch an Wahlprogramme denken, sondern als erstes an den Selmer Stadtteil zu Füßen des bekannten Schlosses.

Der Hundechor ist vielstimmig. Aus 37 lang gezogenen Schnauzen klingt freudiges Gebell, als Huntsman Bernd Funke die Gittertür öffnet. Kaum ist er hineingeschlüpft in den weitläufigen Zwinger, stürmen die zumeist dreifarbigen, 60 Zentimeter großen Hunde auf ihn zu. Funke nimmt sich Zeit: streichelt, tätschelt, lacht - und begrüßt jedes einzelne Tier. Das dauert. Nur bei den besten in der Meute müsse er kurz nachdenken, wie sie heißen, räumt er später ein, als die quirligen Vierbeiner ihn endlich verschnaufen lassen. „Die besten sind die Unauffälligsten“: die, die immer auf der Spur bleiben, sich nie von einer anderen Fährte irritieren lassen und die er deshalb nur selten rufen müsse. Bernd Funke ist der Huntsman des Vereins: derjenige, der für die Ausbildung der Hunde Sorge trägt, damit aus den Individuen auf vier Pfoten beim Einsatz im Gelände eine Meute wird, die aufs Wort pariert: geschlossen bei Fuß geht, sich nicht vom Wild ablenken lässt und auch nicht von anderen Hunden.

Bernd Funke aus Hamm ist im sogenannten Kennel der Meute Cappenberg. Als Huntsman ist es seine Aufgabe, die Meute-Hunde zu trainieren.

Man kennt das von alten Ölgemälden: Reiter zu Pferde im roten Rock und um sie herum eine wimmelnde Schar von Hunden mit glattem Fell, bunter Fellzeichnung und flatternden Schlappohren. Die Schleppjagd ist typisch englisch. Während auf der Insel bis zum „hunting act“ 2004 Hunde und Reiter lebenden Füchsen, Hasen, Rothirschen und Nerzen hinterher hetzten, hat die vor mehr als 60 Jahren gegründete Cappenberger Meute das nie getan. Seit 1936 ist die Schleppjagd in Deutschland verboten. Die Hunde folgen einer Fährte, die der Schleppenleger in Wald und Flur auslegt: tröpfchenweise ordinäre Heringslake - eine regelrechte Duftstraße für den Meutehund, der in 500 Meter Entfernung ein Tröpfchen Parfum riecht, wo der Mensch höchstens ein umgekipptes Jauchefass wahrnehmen kann.

Hunde-Senioren verleben Ruhestand auf dem Sofa

„Fürst, da bist Du ja.“ An Bernd Funke springt ein kräftiger Rüde hoch. Dass er der Senior der Gruppe ist, der nicht mehr an Jagden teilnimmt, ist nicht zu erahnen. Dass er blind ist, ebenso wenig. „Er verbringt hier im Kennel seinen Ruhestand“, sagt Funke, während er Fürst die Ohren krault. Fox Hounds werden in der Regel 13 Jahre alt. Die Oldies unter ihnen würden aber nicht mehr zu Jagden fahren, da sie das Tempo nicht mehr halten könnten. „Manchen vermitteln wir einen Altersruhesitz in einer Familie“, sagt Funke. Josy etwa sei im Oktober 2021 ins Emsland gezogen und sei inzwischen ein echter Haushund geworden. Fürst dagegen sei lieber weiter bei den anderen: „Ein ganz wichtiges Tier in der Gruppe, auch um Junghunde auszubilden.“

Eine umgebaute ehemalige Werkstatt im Grünen, an die sich die weitläufige Zwingeranlage anschließt, ist seit Jahren das Zuhause der Meute am Schwannenweg im Werner Außenbereich: 12 Kilometer von Cappenberg entfernt. Viele Vereinsmitglieder kennen das nicht anders. Sie kommen aus dem weiten Umkreis dorthin, um sich aufs Fahrrad zu setzen und mit der Meute ein paar Trainingsrunden zu drehen. „Ideale Bedingungen“, findet Bernd Funke. Aber es ist eben nicht Cappenberg. Bedauern schwingt da mit. Denn Funke, der vor 30 Jahren zum Verein gestoßen war, kennt es auch noch anders.

Franz Jandrey war der Gründer der Volks-Meute

1961 hatte Franz Jandrey auf dem Gelände des Gutshofes am Brauereiknapp seine Reitschule gegründet. Im ehemaligen Schafstall entstand die damalige Reithalle, die Jahrzehnte später ein Raub der Flammen wurde. Kurz nach der Fertigstellung importierte er das erste Foxhound-Paar aus England, um sich seinen Traum zu verwirklichen: der Aufbau einer eigenen Meute. Er lud jeden interessierten Reiter ein mitzumachen und öffnete damit das zuvor exklusive Hobby der Reichen und Adligen für jedermann. Die erste Jagd fand am 4. November 1961 in Cappenberg statt. Dass aus diesen Anfängen zwischenzeitlich eine der größten Meuten des Kontinents werden würde mit 160 Tieren, war da noch nicht abzusehen.

Im Jahr 2000 lief der Pachtvertrag aus. Die Cappenberger Meute musste sich mitsamt ihren vier-und zweibeinigen Mitgliedern ein neues Domizil suchen - in der Nachbarstadt. Die Jagden, auf die sie gehen - ein unblutiger Sport, bei dem es nicht ums Gewinnen und Verlieren geht, sondern nur um gemeinsame Aktivität von Mensch und Tier in der Natur , finden über ganz Deutschland verteilt statt: in Hermannsburg in der Lüneburger Heide, im Odenwald, in Bayern und selbst auf Norderney. Nur nicht mehr in Cappenberg.

Wenn die Cappenberger Meute nicht nach Cappenberg kommt, können aber Cappenberger gerne gerne zur Meute kommen, sagt Bernd Funke.

Interessierte Reiter seien willkommen und könnten gerne Kontakt aufnehmen zum Verein über die Homepage:  www.cappenbergerschleppjagdverein.de

Von Sylvia vom Hofe