Vor 100 Jahren war es einfach, im Dachdecker-Handwerk tätig zu sein. Im Wesentlichen bestand das Handwerk aus Dachziegel, Holzbalken, Mörtel, dem Wissen, wie man einem Hammer in der Hand hält. Dazu Kraft in den Armen und Mut. Das war an Fachkompetenz ausreichend. Gerüchte besagen, dass man trinkfest sein sollte. Heute wird vor dem ersten Handgriff der Dämmwert berechnet und der Taupunkt bei der Dampfsperre beachtet. Und wer Alkohol trinkt, der ist fristlos gekündigt.
Vor 110 Jahren verfügte Hermann Josef Goldmann über deutlich mehr Fachwissen, als „Hammer richtig halten“. Er war Dachdeckermeister, als er 1912 die Firma „Dachdeckerei Goldmann“ in Werne gründete. Goldmann deckte Häuser, die im Jugendstil errichtet wurden. Häuser, die nach wie vor schön anzusehen sind.
Den Wandel erlebte Hermann Josef Goldmann Junior, der ab 1952 für die Dachdeckerei verantwortlich zeichnete. Der Baustil wandelte sich in die „Moderne“. Eckige Funktionalität und Flachdächer. Dazu wurden die Häuser höher. Goldmann Juniors Sohn Günther erinnert sich an seine Kindertage. Dachdecker war ein gefährlicher Beruf. Gerüstbau gab es damals noch nicht. Arbeitsschutz bestand aus „Halt dich fest, wenn du eine Hand frei hast“. Mit einem Lachen erzählt, der heutige Geschäftsführer, der „Hermann Goldmann GmbH“, Günther Goldmann „Mit Mörtel, so wie mein Vater und Großvater, arbeiten wir nur noch, wenn wir es mit einem Baudenkmal zu tun haben“.
Ein Handwerk im Wandel der Zeit
Den Wandel im Dachdecker-Handwerk hat Günther Goldmann erlebt. Dabei ist nicht der Wandel von „Jugendsiel“ zu „Bauhaus“ beziehungsweise „Moderne“ gemeint. Vor zirka 30 bis 40 Jahren kam, als Beispiel, das Thema „Dämmung“ auf.
Mit mitleidigem Blick erinnert sich Goldmann an die Flachdächer aus der Zeit. Flachdächer seien neu und ohne Erfahrungswerte gewesen, da sei es im Sommer schon mal warm geworden, wenn man unter einem Flachdach wohnte, berichtet Goldmann.
Auch die ersten Dämmungen von Spitzdächern seien aus heutiger Sicht nicht mehr vorstellbar. Die damalige Dämmung sei ein Schritt in die richtige Richtung, erklärt Goldmann, allerdings wurde die Dämmung zwischen den Dachsparren eingebracht. „Und da die Sparren waren schon mal unterschiedlich weit auseinander, dann wurde die Dämmung gepresst oder hatte rechts und links etwas Luft“ sagt der Dachdeckermeister und erklärt „heute wird flächendeckend, mit nachhaltige „Holzfaserdämmung“ auf den Sparren gedämmt“.
Neben der Erfüllung, der gesetzlichen „Energieeinsparverordnung“ habe sich auch das Berufsbild des Dachdeckers verändert. Günther Goldmann zeigt auf einen LKW, der hinter dem offenen Hallentor, seiner Firma zu sehen ist. „Mit dem Kran-LKW können wir Dachfenster oder Dachziegel-Paletten an genau den Punkt, auf dem Dach bringen, wo das Material benötigt wird“ so Goldmann. Das Material müsse heute nicht mehr, auf dem Dach, von rechts nach links geschleppt werden. Die Frage, ob der Beruf des Dachdeckers, in seinem heutigen Bild, für „Last oder Lust“ steht, beantwortet der Dachdecker- und Klempnermeister Günther Goldmann ganz klar mit „Lust“.
Wenn Goldmann an einem „seiner“ Dächer vorbeifährt, auf dem er mal gearbeitet habe, dann denkt er sich „das habe ich gemacht“.
Ein vielfältiger Beruf
„Es ist ganz bestimmt nicht einfach, Dachdecker zu werden. Dadurch, dass der Beruf so vielfältig ist, macht es sehr viel Spaß. Es gib jeden Tag Sonderlösungen. Dachdecker ist ein abwechslungsreicher und spannender Beruf“ so Goldmann. Zur dreijährigen Ausbildung sagt er, im Vergleich zu vor 40 Jahren, „früher wurden Dachflächen berechnet und Materialkunde fand statt. Heute haben Lehrlinge zusätzlich mit Bauphysik zu tun. Wo liegt der Taupunkt, in der Dampfsperre und bei der Dämmwert Berechnung“
Das Leistungsspektrum beschreibt der Geschäftsführer mit dem, was die „Hermann Goldmann GmbH“ nicht anbietet. „Wir machen keine Reetdächer und keine Zimmermannsarbeiten. Wir stehen für Spitz-, Flach-Dach und auch Kunststoffbeschichtung von Balkonen. Klempnermeister-Betrieb liefert Firma Goldmann alles aus Metall für das Haus. Von der Dachrinne bis zur Fassade“.
Goldmanns Ziel ist, dass der Kunde vor seinem Haus steht und sagt „Das ist es! Genau so soll es sein, sieht toll aus“. Peter Adam
Noch mehr Infos
Dietmar Stemann, Ausbildungs-Coach bei der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe, steht für weitere Fragen zur Berufsausbildung
am Montag, 27. Juni, in der Zeit von 17 bis 19 Uhr unter der Rufnummer 02921/892-226 zur Verfügung.
Freie Praktikums- und Ausbildungsstellen in den Handwerksbetrieben in der Stadt Hamm sowie den Kreisen Soest und Unna finden Sie jederzeit im Internet unter www.kh-hl.de/ausbildungsboerse.
Für Jugendliche lohnt sich zudem ein Blick in die App „PASST!“ der Kreishandwerkerschaft.